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... croisade et guerre sainte

  • Über den Gebrauch des Kreuzzugs und des heiligen Kriegs in der Mittelalterforschung

    Daniel BALOUP, 20. Juni 2016

    Daniel BALOUP

    Maître de conférences en histoire médiévale, Université Toulouse II Jean-Jaurès


    Obwohl jene Einrichtungen, die die Schnittstelle zwischen der akademischen Welt und der nicht spezialisierten Öffentlichkeit bilden (Zeitschriften, Organisationen, etc.), in ihrer Programmgestaltung dem heiligen Krieg oder dem Kreuzzug einen immer wichtigeren Platz zusprechen, muss der Autor oder Redner, der dazu angehalten wird, sich zu diesen Themen zu äußern, seine Befangenheit zugeben. Denn zuerst muss gesagt werden, dass die Historiker selbst große Probleme haben, sich über den guten Gebrauch des Begriffs „Kreuzzug“ einig zu werden.

    Um die verschiedenen Seiten der Auseinandersetzung darzustellen, kann man mit der Position beginnen, die sich schon seit langem in Schulbüchern durchgesetzt hat: In diesen Werken werden jene acht Feldzüge als „Kreuzzug“ bezeichnet, die vom Westen zwischen 1096 und 1270 ausgegangen sind, um gegen die Muslime die Stätten des irdischen Lebens Jesu Christi und sein Grab zu erobern, zu halten oder zurückzuerobern. Mit Blick nach Jerusalem hatte der Kreuzzug den Wert einer Pilgerreise; er sicherte denjenigen, die am Unternehmen teilnahmen, mittels päpstlicher Bulle eine Reihe von spirituellen und juristischen Privilegien. Sein Urheber sei Papst Urban II. gewesen und seine Geburtsurkunde dessen Rede, die er 1095 in Clermont gehalten hat. Das Wesen des Kreuzzugs und seine Definition seien demnach im Aufruf Urbans II. enthalten und der Erste Kreuzzug wird demzufolge als Idealtypus betrachtet.

    Mehrere Einwände konnten gegen die traditionelle Auslegung des Phänomens formuliert werden. Der Haupteinwand bildet sich an der Auswahl, die zwischen den verschiedenen Arten des Kreuzzugs vollzogen wird. Tatsächlich haben die Päpste sehr schnell die Privilegien des „Kreuzzugs“ auf andere Territorien als den Nahen Osten und auf andere Gründen als die Wiedererlangung der heiligen Orte ausgeweitet : die Ritter, die die Muslime auf der iberischen Halbinseln bekämpften, haben ab Ende des 11. Jahrhunderts genauso von ihnen profitiert; die gleichen Privilegien wurden danach denen zugesprochen, die sich im Kampf gegen die Häretiker verpflichteten – ab Beginn des 12. Jahrhunderts mit dem „Albigenserkreuzzug“ – oder gegen die Feinde des Papsttums – man denke an den „Aragonesischen Kreuzzug“ von 1283. Ab dem 14. Jahrhundert dann, als die Hoffnung Jerusalem zurückzuerobern schwand, änderte sich auch die Art der Konfrontation mit dem Islam: Seitdem hieß es, dem ottomanischen Expansionismus zu widerstehen und die Päpste versuchten, aus dem Kreuzzug ein Mittel zur Mobilisierung im Hinblick auf die „türkischen Kriege“ zu machen. Die traditionelle Geschichtsschreibung kennt zwar wohl diese Kreuzzüge, die nicht in Richtung der Heiligen Stadt gehen, aber sie hält sie für zweitrangig und erachtet sie als das Ergebnis einer Abweichung, ja sogar einer Pervertierung des ursprünglichen Projekts.

    Eine Alternative für diesen lange vorherrschenden Standpunkt wurde Anfang der 1980er Jahre von den Verfechtern einer Strömung, die sich selbst als „pluralistisch“ bezeichnet und deren berühmtester Vertreter Jonathan Riley-Smith ist, entwickelt. Ohne den Gründercharakter jenes Feldzugs zu verneinen, der 1099 zur Eroberung von Jerusalem geführt hat, geben die „Pluralisten“ einer weit gefassten Interpretation des Phänomens den Vorzug, die sie im juristischen Rahmen erkennen: Alle Feldzüge, die von päpstlicher Seite durch das Zugeständnis einer „Kreuzzug“-Bulle – welche dieselben Vorzüge bietet wie die der Feldzüge ins Heilige Land – unterstützt worden sind, gehören zur Untersuchung. Diese Haltung bietet den Vorzug, nicht dazu verleitet zu werden, ein Werturteil bezüglich der Feldzüge zu fällen, die in der traditionellen Geschichtsschreibung nach sehr willkürlichen Kriterien hierarchisiert werden; sie erlaubt es zudem, das Phänomen in all seiner Vielfalt und in seinem ganzen chronologischen Ausmaß zu umfassen: Für die „Pluralisten“ hört die Geschichte der Kreuzzüge nicht am Ende des 13. Jahrhunderts auf, sondern erstreckt sich mindestens bis zur zweiten Belagerung Wiens (1683). Dahingehend treffen sie auf die in ihrer Zeit vertretene Sichtweise von Nicolas Iorga oder Aziz Atiya, die in Pionierarbeiten die Bedeutung dieser Kreuzzüge gezeigt haben, welche üblicherweise als „verspätet“ gekennzeichnet werden.

    Trotz eines unbestreitbaren Erfolgs, hat sich der „pluralistische“ Ansatz nicht ganz durchgesetzt; er wurde von seinen Gegnern beschuldigt, das Untersuchungsobjekt zu verwässern und die Entwicklungen, die die Substanz selbst des Kreuzzugs betreffen, unter dem juristischen Rahmen unberücksichtigt zu lassen. Denn das Phänomen lässt sich nicht auf eine Reihe militärischer Feldzüge oder auf eine Institution zusammenfassen; der Kreuzzug ist auch eine Geistesbewegung und eine theologische Konstruktion. Carl Erdmann in den 1930er Jahren und Étienne Delaruelle ein Jahrzehnt später haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Ursprünge des Kreuzzugskonzepts zu untersuchen, was sie zurück bis ins karolingische Zeitalter führt. Auf dem schwierigen Feld der Analyse jener Beweggründe, die die Urheber und Teilnehmer dieser Feldzüge geleitet haben, hat sich ohne Zweifel Alphonse Dupront am weitesten vorgewagt, insbesondere in seiner Doktorarbeit über den „Mythos des Kreuzzugs“ – 1957 verteidigt und posthum 1997 veröffentlicht. Im Gegensatz zu C. Erdmann, zum Kanoniker Delaruelle oder zu Jean Flori, die die Ursprünge der Kreuzzügen untersucht haben, interessiert sich A. Dupront (und andere wie Paul Rousset) vornehmlich für die „Posteriorität“ des Kreuzzugskonzepts, das heißt für seine Ausprägungen während des 16. Und 17. Jahrhunderts. Der Gewinn dieser Arbeiten besteht darin, das Ereignis von 1095 zu relativieren. Sicherlich hat Urban II. dem Phänomen eine bis dahin unbekannte Dimension verliehen, indem er den Weg in den Orient gewiesen hat, aber der Feldzug von 1096 war nicht die erste Kampagne, die vom Heiligen Stuhl ins Leben gerufen und von einem spirituellen Versprechen begleitet war. Der Aufruf von Clermont situiert sich der Mündung eines langen Sakralisierungsprozesses von Krieg. Nach 1095 hat sich diese Konstruktion verfestigt um dann im Laufe des 12. Jahrhunderts eine institutionelle Dimension zu erreichen; wie wir uns vor Augen geführt haben, hat die Anpassungsfähigkeit des Instruments erlaubt, es in sehr verschiedenen Situationen zu mobilisieren, je nach Bedarf des Papstes. Die Zunahme der militärischen Misserfolge im Heiligen Land sowie später gegen die Ottomanen und vor allem die Ohnmacht der Päpste im 15. Jahrhundert, christliche Streitkräfte zu mobilisieren, verlocken die Historiker dazu, von einem Abschwung zu sprechen. Dennoch bleibt die Institution aktiv: In Spanien wird das Generalkommissariat des Kreuzzugs erst 1851 abgeschafft und das Konzept bleibt bemerkenswert lebendig, so wohnt ihm heute noch eine beunruhigende Aktualität inne.

    Um sich an die Frage nach der Bezeichnung des Phänomens zu halten, so kann man sagen, dass der alte Gebrauch, der es ermöglicht hat, alle Streitigkeiten zwischen Mächten verschiedener Konfessionen „Kreuzzug“ zu nennen, in der Wissenschaftsgemeinde einstimmig verurteilt wird. Dennoch machen sich wenigstens zwei Definitionen des Kreuzzugs Konkurrenz – die „traditionelle“ und die „pluralistische“. Die lexikalische Auseinandersetzung hat eine Vertiefung der Konzepte ermöglicht, ohne jedoch in einer befriedigenden Lösung zu enden: Das Substantiv „Kreuzzug“ ist im 13. Jahrhundert aufgetaucht und hat sich nur sehr langsam verbreitet. Die meisten Feldzüge, die wir unter diesem Namen zusammenfassen, wurden demnach von den Zeitgenossen noch anders benannt. Unter diesen Bedingungen bleibt „Kreuzzug“ eine historiographisch strittige Kategorie. Das gleiche gilt für die Begriffe, die für die Bezeichnung von kriegerischen Glaubensauseinandersetzungen vor 1095 oder danach gebraucht wurden, die aber keinen Anlass zu einer päpstlichen Bulle gegeben haben. In Frankreich scheint sich in Anknüpfung an J. Flori „Heiliger Krieg“ durchgesetzt zu haben, aber die Vielfältigkeit der Alternativen („geheiligter Krieg“, „löblicher Krieg“, etc.) zeigt, dass es noch immer keinen Konsens gibt.


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  • Bibliographie

    Daniel BALOUP, 20. Juni 2016

    Über den Gebrauch des Kreuzzugs und des heiligen Kriegs

    - DEMURGER Alain, Croisades et croisés au Moyen Âge, Paris, 2006.
    - DUPRONT Alphonse, Le mythe de croisade, Paris, 1997, 4 vol.
    - FLORI Jean, La guerre sainte. La formation de l’idée de croisade dans l’Occident latin, Paris, 2001.
    - POUMARÈDE Géraud, Pour en finir avec la croisade. Mythes et réalités de la lutte contre les Turcs aux XVIe et XVIIe siècles, Paris, 2004.
    - RILEY-SMITH Jonathan, What were the Crusades?, Londres, 1977.


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